2. contec forum – Management & Personal mit DEVAP-Beteiligung
Zentrale Themen auf dem 2. contec forum – Management & Personal von 10. und 11. Juni 2024 im Starlight Express Theater Bochum sind der Fachkräftemangel, finanzieller Druck und eine wachsende Nachfrage nach Gesundheits- sowie Sozialleistungen. Entscheider*innen der Branche befinden sich aktuell in einem unübersehbaren Spannungsfeld.
Anna Leonhardi, Geschäftsführerin des DEVAP, hielt am 10.06.2024 die Keynote zum Thema „Trotzdem Pflege: Versorgungssicherheit mit knappen Personalressourcen sicherstellen“ mit den folgenden Botschaften:
In Deutschland gibt es aktuell so viele Beschäftigte in der Langzeitpflege wie noch nie und dennoch reichen diese Menschen nicht aus, um den steigenden Pflegebedarf zu decken. Der Koalitionsvertrag wurde in der laufenden Legislatur nicht ansatzweise umgesetzt. Gleichzeitig ist die Koalition zum Thema Pflegeversicherung völlig zerstritten. Wichtige Entscheidungen auf Bundesebene werden im Föderalismus zerrieben (Siehe PeBeM nach § 113c SGB XI).
Die Bundesebene muss endlich handeln: Die FDP bestimmt über das Geld der Beitragszahler, wichtige Investitionen und Gehaltssteigerungen werden nicht refinanziert und gleichzeitig verzögern sich die Verhandlungen und Zahlungen vor allem der Sozialämter auf Landesebene.
Massive Streichungen im Bundeshauhalt sind zudem geplant: für die geplanten § 123 SGB XI Modellvorhaben für Unterstützungsmaßnahmen und -strukturen vor Ort werden Gelder aus Projektförderungen abgezogen, wie z.B. für Forschungsinstitute, die seit vielen Jahren bestehen und einen wichtigen Forschungsbeitrag leisten.
Die Pflegeversicherung ist zum Jahresende zahlungsunfähig und steht vor einem Kollaps. Die aktuellen Aussagen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach zeigen jedoch, dass die Regierungsparteien keinen gemeinsamen Plan für die Zukunft der Pflegeversicherung haben und so rückt eine baldige Lösung bei komplett entgegengesetzten Positionen in weite Ferne (Siehe DEVAP-Pressemitteilung, 28.05.2024 „Sehenden Auges in die Katastrophe“).
Die Langzeitpflege muss endlich neu gedacht werden. Wir brauchen:
- Eine generationsgerechte, legislaturübergreifende und grundständige Struktur- und Finanzreform der Pflege.
- Die Belastung der Pflegebedürftigen muss zeitnah durch eine Deckelung des pflegebedingten Aufwands kalkulierbar werden (Vermögenssituation berücksichtigen).
- Neue flexible und zielgruppenspezifische Versorgungsansätze müssen entwickelt werden, die sich am Bedarf orientieren und sich vom starren Sektorendenken lösen.
- Eine moderne professionelle Versorgung mit einem kompetenzorientierten Personalmix muss etabliert und refinanziert werden.
- Eine Neugestaltung der Leistungen durch eine menschenzentrierte und individualisierte Versorgung ist notwendig und
- Eine echte Beteiligung der professionellen Pflege im System auf Augenhöhe.
- Deutlich mehr Handlungsspielraum und wirtschaftliche Freiheit für Träger durch Risiko- und Innovationszuschläge ist zu schaffen.
In ihren abschließenden Worten ruft Frau Leonhardi dazu auf mutig gemeinsam neu zu denken, denn im bestehenden System ist kein Wandel mehr möglich. In einem Pflegegipfel oder in einer Enquetekommission sollte gemeinsam ein „Masterplan für die Pflege“ entwickelt werden, damit die Langzeitpflege nicht zur Sozial- und Demokratiefrage wird, sondern das professionelle Pflegesystem das Recht auf würdevolle Pflege endlich wieder erfüllt. Wenn jetzt nicht gehandelt wird, dann verzögert sich die so dringend benötigte Reform um mindestens zwei weitere Jahre. Hierbei sind Politik, Träger und Verbände gleichermaßen aufgerufen.
Der DEVAP bringt sich mit seinem Strategiepapier „TROTZDEM Pflege: für Jeden, zu jeder Zeit“ in die Gespräche ein, welches am 17. Oktober 2024 in Berlin im Rahmen des DEVAP-Salongespräches veröffentlicht wird.
Bild: Anna Leonhardi, Geschäftsführerin des DEVAP, und Dr. Thomas Müller, Geschäftsführer der contec GmbH