Deutscher Evangelischer Verband
für Altenarbeit und Pflege e.V.

„Pflege-Triage-Gipfel“ der Ruhrgebietskonferenz-Pflege mit DEVAP-Beteiligung

Arbeitgeber aus der Pflege und „wir pflegen e.V.“ haben am 26.02.2024 zum ersten „Pflege-Triage-Gipfel“ zur aktuellen Situation in der Langzeitpflege eingeladen. Anna Leonhardi präsentierte die Ergebnisse der DEVAP-Umfrage zur Versorgungssicherheit in der Langzeitpflege von Januar 2024.

Der Fach- und Arbeitskräftemangel in der Pflege spitzt sich zu. Meldungen von Insolvenzen und Schließungen ambulanter Pflegedienste und stationärer Einrichtungen reißen nicht ab. In einigen Kommunen in NRW lassen Altenheimträger bis zu 10 % der Pflegebetten „freiwillig“ leer stehen, weil sie nicht genug Fachkräfte bereitstellen können, um die vereinbarte Qualität zu gewährleisten. Jetzt kommt ein weiteres „Phänomen“ der aktuellen Misere hinzu: Die so genannten „Pflege-Triage“ droht, kranke und hilfebedürftige Menschen mit größtem Pflegebedarf im Stich zu lassen.

Hierzu wurde am 26.02.2024 auf dem ersten digitalen „Pflege-Triage-Gipfel“ intensiv mit den fast 100 Teilnehmenden diskutiert.

Ulrich Christofczik, Geschäftsführer der Evangelischen Dienste Duisburg und Sprecher der Ruhrgebietskonferenz-Pflege, führte zu Beginn aus, dass die Träger eine Pflege-Triage keinesfalls wollen, jedoch die hohe Nachfrage nicht mehr bedient werden kann. Gründe für die Rationierung sind der Personalmangel, die nicht ausreichende Refinanzierung der immer stärker steigenden Kosten und auch der Zahlungsverzug durch die Sozialämter. Wir brauchen eine Verantwortungsgemeinschaft mit allen Beteiligten für eine Kernsanierung der Pflegeversicherung.

Anna Leonhardi, Geschäftsführerin des DEVAP, stellte im Anschluss die Ergebnisse der Umfrage zur Versorgungssicherheit in der Langzeitpflege vor (Pressemitteilung, 14.02.2024) und lud die Teilnehmenden zur Veröffentlichung des DEVAP-Strategiepapiers am 17.10.2024 ein.

Daniela Zühlke, stellvertretende Pflegedirektorin der Diakoniestationen-Essen, führte im Impulsvortrag zum Thema „Von unsichtbaren Warteschlangen in der ambulanten Pflege“ aus. Sie bestätigt, dass die Kunden mehrere Dienste kontaktieren müssen, um die ambulante Pflege zu finden, die sie benötigen. Von 10 Anfragen pro Woche kann derzeit eine nicht bedient werden; dies wird sich aufgrund von Renteneintritten in den nächsten Jahren deutlich verschieben.

Nicole Wern, Geschäftsführerin Ärztehaus-Scharf und Leiterin ICW-Regionalgruppe Münsterland, berichtete im Anschluss zum Thema „Spezialpflege auf dem Abstellgleis!?“.

Edeltraut Hütte-Schmitz, Geschäftsführender Vorstand von „wir pflegen!“, und Prof. Notburga Ott, Beisitzerin im Vorstand von „wir pflegen!“,  mahnten im Impuls „Not bei schwerer Pflegebedürftigkeit – leere Versprechen!“, dass viele Pflegeansprüche nicht erfüllt werden, weil die Sachleistungen nicht angeboten werden. Entsprechend steigen die Ausgaben für das Pflegegeld, obwohl dies den Betroffenen im Alltag kaum hilft. Betroffen sind hiervon vor allem schwerstpflegebedürftige Menschen. Die Lösungen wäre die Zusammenfassung der Leistungsansprüche in einem flexiblen Budget, sowie ein Rechtsanspruch auf Tagespflege.

Dr. Martin Schölkopf, Leiter der Abteilung Pflegeversicherung und -stärkung im Bundesministerium für Gesundheit, beschreibt den Fachkräftemangel als entscheiden begrenzenden Faktor. Der wachsende Bedarf wird durch das stagnierende Angebt nicht mehr gedeckt. Er verweist auf das Pflegekompetenzgesetz, damit das vorhandene Personal besser in die Versorgung eingebunden werden kann (Skillmix flexibilisieren). Zudem muss das Fachkräftzuwanderungspaket stärker genutzt werden; hier wurden die Anerkennungsverfahren deutlich vereinfacht. Zudem muss die Versorgung vor Ort noch stärker gefördert werden, indem die zeitnahe Refinanzierung sicher gestellt wird und neue Wohnformen ermöglicht werden.

Thorsten Klute, Sprecher für Gesundheitspolitik der SPD im Landtag von NRW, kritisiert, dass die Gesundheitsausgaben in den nächsten drei Jahren laut Bundesfinanzminister Lindner nicht steigen sollen. Dies wird die Pflege-Triage massiv befördern. Zudem muss der ambulante Sektor deutlich stärker gefördert werden, um die Versorgung wieder sicherzustellen.

In der Diskussionsrunde wurde deutlich, dass die Beteiligten auf Bundes- und Landesebene und auch die Träger bereit sind zum Austausch und zum gemeinsamen Finden von Lösungen. Weiterhin muss offen über die prekäre Lage gesprochen werden, weil die bisherigen Bemühungen nicht ausreichen, um die Versorgung wieder sicherzustellen.

Roland Weigel, Ruhrgebietskonferenz-Pflege, moderierte die Veranstaltung.

Am 11.03.2024 findet der Ausbildungsgipfel Ruhrgebietskonferenz statt.