Deutscher Evangelischer Verband
für Altenarbeit und Pflege e.V.

Kurzbericht: Regionaldialog Berlin/Brandenburg 2. Teil am 02.06.2021

Auch beim 2. Teil sind ca. 50 Teilnehmende der Einladung des DEVAP zum zweiten Online- Dialog mit Dr. Martin Schölkopf gefolgt. Da nun doch diverse Änderungsanträge zur Pflegeversicherung im Kabinett beschlossen und zur Beratung in die Ausschüsse gegeben werden, hätte der Zeitpunkt der Veranstaltung nicht passender sein können.

Die Inhalte der Änderungsanträge waren den Anwesenden weitestgehend bekannt, daher hielt sich Herr Dr. Schölkopf bei seinem Impuls zur aktuellen Pflegepolitik 2021 kurz, um dann ausreichend Zeit zu bieten, Fragen und Anregungen zu äußern. Herr Dr. Schölkopf stellte fest, dass das nun vorliegende Maßnahmenpaket mehr Geld, mehr Stellen und mehr Kompetenzen beinhaltet. Er wies darauf hin, dass das nun einzuführende Personalbemessungskonzept nur der erste Teil der Umsetzung des Rothgang-Gutachtens ist. In einem nächsten Schritt müsse dies einrichtungsspezifisch angepasst werden, um die Besonderheiten jeder Einrichtung zu berücksichtigen.

Als wichtige Verbesserung erachtet Herr Dr. Schölkopf die Stärkung der Kurzzeitpflege durch die Anhebung der Leistungssätze und die Einführung einer neuen Kurzzeitpflege über das SGB V als Übergangspflege im Krankenhaus.

Auch die prozentuale Begrenzung der Eigenanteile ist aus Sicht von Dr. Schölkopf als Erfolg zu werten und macht Pflege planbarer für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen.

Herr Wesemann eröffnet die Diskussionsrunde mit der Äußerung der Enttäuschung über das nun vorliegende „Last-Minute-Reförmchen“. Die Freude in der Branche hält sich aus seiner Sicht in Grenzen. Es besteht vielmehr die Sorge, dass nun politisch und gesellschaftlich der Eindruck entsteht, dass es mit den vorliegenden Änderungsanträgen eine Pflegereform gab und es nun wieder Jahre dauert, bis es eine Chance für eine umfassende Reform gibt. Es braucht viel mehr, um das Thema Pflegeversicherung zukünftig abzusichern.

Herr Dr. Schölkopf erachtet die Änderungsanträge als guten Kompromiss und Umsetzung der KAP. Und als einen großen Schritt hin zu mehr Attraktivität des Pflegeberufes. Weitreichendere Schritte, wie die Auflösung der Sektorengrenzen, brauchen aus seiner Perspektive mehr Zeit und sollten keine Schnellschüsse sein, da ein ausreichender Diskussions- und Beratungsprozeß notwendig ist. Dies steht nach seiner Aussage als nächstes auf dem Plan.

Frau Asch äußert deutliche Zweifel am Optimismus von Herrn Dr. Schölkopf. Sie befürchtet, dass die nicht aufgegriffenen, wichtigen Themen einer umfassenden Pflegereform nicht zeitnah angegangen werden und deswegen die Pflegebedürftigen die Reformschritte weitestgehend bezahlen werden.

Auch Herr Neeb macht deutlich, dass insbesondere die Mitarbeitenden in der Pflege, denen weitreichende Verbesserungen und eine umfassende Pflegereform mehrfach angekündigt und versprochen wurden, sich von den jetzt vorliegenden Bruchstücken einer Pflegereform wenig wertgeschätzt fühlen und der geplante Sprung viel zu kurz ist.

Die Teilnehmenden beteiligen sich sehr aktiv an der Diskussion. Weitestgehend ist man sich einig darin, dass wesentliche Forderungen in den vorliegenden Änderungsanträgen nicht aufgegriffen wurden und insbesondere die geplante prozentuale Begrenzung der Eigenanteile den Menschen, die neu in eine Pflegeeinrichtung einziehen, viel zu spät zugutekommt. Ferner belasten die durch die geplanten strukturellen Veränderungen zu erwartenden Steigerungen der Kosten in der Pflege so auch weiterhin jedes Mal die Pflegebedürftigen, da der prozentuale Anteil stetig steigen wird.

Herr Dr. Schölkopf wird gebeten mitzunehmen, dass auch die Notwendigkeit der Refinanzierung von Tarifgehältern in der Häuslichen Krankenpflege besser mitgedacht werden muss, da hier die Verhandlungen oft schwieriger sind als im stationären Bereich. Herr Dr. Schölkopf sagt zu, das Thema aufzugreifen.

Neben den Forderungen, die der DEVAP in seinem Strategiepapier formuliert hat, gibt es auch noch unzählige weitere wichtige Themen in der Pflege. Die Teilnehmenden wurden eingeladen, sich an der Umfrage „Welche weiteren Themen sollten in den Focus genommen werden?“, zu beteiligen. 34 % der Befragten erachten das Thema „Personalmix: Aufgabenverteilung und Qualifizierung in der Pflege“ als prioritär, dicht gefolgt von der „Reform der Kurzzeitpflege“. Beide Themen stehen auf der Agenda des DEVAP.

Zum Abschluss macht Frau Asch deutlich, dass nur eine „begrenzte Begeisterung“ über die Reform vorhanden ist und kündigt an, dass die Verbände darauf hinwirken werden, dass wichtige fehlende Themenfelder in der nächsten Legislatur aufgegriffen werden.

Herr Neeb kündigt an, dass die Verbände laut bleiben und ihre Forderungen weiter an die Politik adressieren. Er wünscht sich einen stetigen Austausch und einen gemeinsamen Blick Richtung Zukunft. Er zitiert aus dem Chat: „Ein Puzzle läßt sich auch einfacher zu Ende bringen, wenn man mit dem Rahmen beginnt.“

Herr Wesemann bedankt sich ausdrücklich noch einmal bei Herrn Dr. Schölkopf, dass er sich der zu erwartenden Kritik der Pflegewelt so intensiv und geduldig gestellt hat.

Herr Dr. Schölkopf erwidert, dass Austausch für ihn sehr wichtig ist und er gerne mit dem DEVAP im Gespräch bleibt.