Deutscher Evangelischer Verband
für Altenarbeit und Pflege e.V.

Kurzbericht „Leiharbeitsgipfel“ der Ruhrgebietskonferenz-Pflege mit DEVAP-Beteiligung

Am 28.03.2023 fand mit Entscheidern aus der Pflege, Gesundheits- und Sozialpolitiker*innen, Vertreter*innen der Zeitarbeit und Kostenträgern der erste „Leiharbeitsgipfel“ der Ruhrgebietskonferenz-Pflege statt. Anna Leonhardi, Geschäftsführerin DEVAP, war mit einem Statement aktiv dabei.

Das Spektrum der Forderungen zum Umgang mit der Leih- und Zeitarbeit in der Pflege ist breit. Sie reichen vom Verbot über die Regulierung bis hin zur Umarmung (Integration). Auf der Veranstaltung wurden Zahlen, Daten und Fakten zum Thema zusammengetragen sowie die bereits spürbaren Folgen und die sich abzeichnenden Konsequenzen des aktuellen Leiharbeitsbooms ausgeleuchtet.

Ulrich Christofczik legte als Sprecher der Ruhrgebietskonferenz-Pflege den Schwerpunkt auf die Auswirkungen im stationären Sektor. Er führt u.a. aus, dass die Mehrkosten für Leiharbeit in Pflegesatzverhandlungen nie abrechenbar waren und deshalb die aktuellen Forderungen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach zur Eindämmung der Leiharbeit nicht nachvollziehbar seien. Martina Pollert stellte das Thema als Geschäftsführerin der Diakoniestationen Essen aus Sicht der ambulanten Pflege vor. Auch hier wäre der Einsatz von Zeitarbeit zwar in immer höherem Umfang aufgrund der Nachfrage und dem fehlenden bzw. erkrankten Stammpersonal notwendig; dennoch wird versucht dies vor allem wegen der fehlenden Refinanzierung künftig zu begrenzen und Alternativen, wie Springerpools, zu etablieren.

Ein Hauptschwerpunkt der Veranstaltung war die Kontroverse innerhalb der Pflegebranche zum Umgang mit Leiharbeit und die Diskussion über Forderungen an Politik und Kostenträger. Dazu hat Helmut Wallrafen, Geschäftsführer der Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach, seine Kampagne „Leiharbeit in der Pflege? – So nicht!“ vorgestellt und Matthias Menne, Geschäftsführer bei Rehcura, aus der Perspektive der Zeitarbeitsbranche berichtet.  

Anna Leonhardi stellte kurz den aktuellen Stand zum 3-Stufenplan des BMG zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung und die Ergebnisse der DEVAP-Umfrage zur Versorgungssicherheit vor. Im aktuellen Entwurf zum Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) wird die Leiharbeit nun in § 82c SGB XI benannt; dies gilt es kritisch zu prüfen. Leiharbeit sollte nicht grundsätzlich verboten werden, aber es fehlen gesetzliche Reglementierungen zum

  • Umfang des Einsatzes (z.B. max. 3-5 % des Stammpersonals),
  • zur Vergütung (keine deutliche Überschreitung der Vergütung des Stammpersonals) und
  • zur Beteiligung an den Ausbildungskosten.

Das Ziel muss sein, Leiharbeit durch innovative Modelle wie Flex- und Springerpools langfristig überflüssig zu machen.

Gereon Unnebrink, AWO Essen, stellte das AWO-Positionspapier zum Thema vor. Die Zeitarbeit ist nur ein Symptom, dass Problem ist ein massiver Personalmangel am Arbeitsmarkt. Langfristig werden hier nur grundlegende Strukturreformen helfen.

In den Diskussionen zur Leiharbeit hat die Berliner Krankenhausgesellschaft (BKG) einen Musterrahmenvertrag zur Arbeitnehmerüberlassung vorgelegt. Die BKG empfiehlt ihren Mitgliedern diesen Rahmenvertrag zu nutzen und sich mit dem Mustertext auf einen "Equal-Pay-Grundsatz" mit den Anbietern von Leiharbeit zu einigen.

In der Diskussion wurde deutlich, dass mit der Leiharbeit ein stark reguliertes System auf eines trifft, das dem freien Spiel des Marktes unterworfen ist und damit auch der freien Preisgestaltung. Ohne eine politische Reglementierung, die natürlich mit den Leistungserbringern abgestimmt werden muss, wird dieses Dilemma nicht gelöst.

Christina Weng MdL, SPD-Fraktion, brachte in die Diskussion ein, dass jetzt die Probleme in der Pflege gesehen werden, die in den letzten Jahren ignoriert wurden. Ein Verbot von Leiharbeit hält sie für falsch; wichtig sind zeitnah nachhaltige Regelungen zur Finanzierung der Pflege. Mehrdad Mostofizadeh MdL, Bündnis 90/ Die Grünen, betonte, dass es grundsätzlich zu wenig Personal gibt. Hier muss geworben werden, um mehr Menschen für die Pflege zu begeistern.

Folgeveranstaltung sind zum Thema geplant.