Kurzbericht DEVAP-Salongespräch „Gemeinsam zum Ziel - PFLEGEGIPFEL JETZT!“
Der DEVAP diskutierte in seinem diesjährigen DEVAP-Salongespräch mit Expertinnen und Experten über die Zukunft der Langzeitpflege in Deutschland und forderte einen Pflegegipfel. 100 Teilnehmende sind der Diskussion gefolgt. Parallel wurde eine DEVAP-Pressemitteilung hierzu veröffentlicht.
Aus dem Lebensrisiko Pflege ist mittlerweile eine reale Gefahr für jeden Einzelnen geworden, der auf Hilfe und Unterstützung im Alter angewiesen ist. Eine DEVAP-Umfrage zur Versorgungssicherheit zeigte die prekäre Lage: Vier von fünf Pflegeeinrichtungen müssen Angebote einschränken. 89 Prozent der Pflegedienste mussten neue Pflegekunden ablehnen.
Es ist davon auszugehen, dass es Lösungen für diesen Versorgungsmangel geben wird, die uns gesellschaftlich und persönlich nicht gefallen werden. So wird der Versorgungsstandard grundsätzlich geringer sein als heute, weil professionelle Pflegeangebote fehlen oder nicht finanzierbar sind. Damit steigen das Armutsrisiko Pflege und die Unterversorgung weiter.
Zu diesen Themen diskutierten die über 100 Teilnehmenden mit den Podiumsgästen aus Politik, Wissenschaft und Praxis beim diesjährigen DEVAP-Salongespräch „Gemeinsam zum Ziel - PFLEGEGIPFEL JETZT!“ am 10. Oktober 2023. Die Gäste kamen auf dem Podium in Berlin zusammen; die Teilnehmenden konnten sich digital einbringen.
Wilfried Wesemann, Vorsitzender des DEVAP, diskutierte intensiv mit den folgenden Gästen
Heike Baehrens, MdB, Gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag,
Prof. Dr. Reimer Gronemeyer, Justus-Liebig-Universität Gießen,
Sepp Müller, MdB, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU / CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag,
Melanie Philip, Institut für Pflege, Altern und Gesundheit e.V.,
Prof. Dr. Heinz Rothgang, Universität Bremen SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik,
Dr. Martin Schölkopf, Bundesministerium für Gesundheit, Leiter der Abteilung 4 Pflegeversicherung und Stärkung, und
Jochen Springborn, Pflegender Angehöriger und Mitglied im Verein Wir Pflegen!
Die Veranstaltung wurde von Anna Leonhardi, Geschäftsführerin des DEVAP, moderiert.
Die Umfrage unter den Teilnehmenden zur Frage „Wie sehr ist die Versorgungssicherheit aktuell in der Langzeitpflege gefährdet“ wurde von 68 % als deutlich und 27 % sogar als akut gefährdet beschrieben. Teilgenommen haben vor allem Träger der Langzeitpflege und Verbandsvertreter.
„Der Wucht, die auf uns als Gesellschaft in der Langzeitpflege zukommt, wird mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) nicht ansatzweise adäquat begegnet. Parteiübergreifend gilt es, die Pflege JETZT durch Finanz- und Strukturreformen zukunftsfest neu aufzustellen. Der DEVAP positioniert sich hierfür weiterhin als kompetenter Ansprechpartner und fordert endlich einen Pflegegipfel mit allen Beteiligten“, so Wilfried Wesemann zur Abschlussrunde.
Auch der DEVAP wird seine Hausaufgaben machen und sein Strategiepapier weiterentwickeln. Die Veröffentlichung ist für Herbst 2024 geplant (Siehe auch DEVAP-Rundschreiben 62).
Heike Baehrens führte aus, dass in der laufenden Legislatur die Pflege- und Krankenversicherung weiterentwickelt werden sollen, indem beispielsweise Lösungen für Lohnersatzleistung gefunden werden und der Personalmix stärker gefördert wird. Sie unterstützt die Forderung nach einem Pflegegipfel und nimmt den Wunsch gern mit.
Prof. Dr. Reimer Gronemeyer wünscht sich, dass das Zitat von Norbert Blüm „Pflege kann jeder“ als Weckruf wahrgenommen wird und künftig der Laienpflege mehr zugetraut wird.
Dr. Martin Schölkopf betont, dass nicht alles mit Laienpflege gelöst werden kann. Es wird eine immense Aufgabe bereits das jetzige Niveau zu halten. Die Idee, auch die Gesellschaft stärker einzubeziehen, befürwortet er (z.B. Freiwilligenjahr). Patentrezepte gibt es jedoch nicht, sondern viele Stellschrauben, die koordiniert werden müssten.
Prof. Dr. Heinz Rothgang wünscht sich für das kommende Jahr, dass nicht mehr verschiedene Lösungen gegeneinander ausgespielt werden, sondern gemeinsame Ideen unter Berücksichtigung aller Faktoren diskutiert werden.
Jochen Springborn ergänzt hierzu, dass die ambulante und Angehörigenpflege endlich dieselbe Aufmerksamkeit braucht wie die stationäre Pflege.
Melanie Philip wünscht sich Aufbau einer Architekturkommission, die sich um legislaturübergreifende Reform kümmert; der G-BA sollte interdisziplinär besetzt werden und die Langzeitpflege braucht endlich eine bessere Unterstützung bei der Digitalisierung der Prozesse.
Sepp Müller unterstützt die Forderung nach einem Pflegegipfel und -pakt und wünscht sich, dass die Beteiligten gemeinsam Lösungen auf den Weg bringen. Zudem muss das Augenmerk stärker auf den pflegenden Angehörigen liegen; diese sollten nicht ehr am Rand stehen, sondern gehören in die Mitte der Diskussion.
Das Salongespräch wurde aufgezeichnet und wird zeitnah auf der DEVAP-Homepage unter Filme zur Verfügung gestellt.
Wir danken allen Beteiligten!