Deutscher Evangelischer Verband
für Altenarbeit und Pflege e.V.

DEVAP-Veranstaltung Digitaler Personaldialog Hamburg mit Thomas Kalwitzki am 2. Mai 2022

Am 2. Mai 2022 hat der DEVAP seine digitale Veranstaltungsreihe der Personaldialoge zum 3. Mal durchgeführt.

Dem Vortrag von Thomas Kalwitzki, wissenschaftlicher Geschäftsführer der Abteilung Gesundheit, Pflege und Alterssicherung im SOCIUM Forschungszentrum der Universität Bremen, und der anschließenden Podiumsdiskussion mit ihm und Katrin Kell, DEVAP-Vorständin und Fachbereichsleitung Pflege und Senioren Diakonisches Werk Hamburg, sind über 50 Interessierte gefolgt. Anna Leonhardi, Geschäftsführerin des DEVAP, moderierte die Veranstaltung.

Im Impulsvortrag nannte Thomas Kalwitzki die Gewinnung von genügend Pflegekräften für eine qualitativ hochwertige Pflege als eine der größten sozialen Herausforderungen der 2020er Jahre.

Im Folgenden führte Thomas Kalwitzki, wie auch in den letzten beiden Regionaldialogen aus, wie das Personalbemessungsverfahren von der Universität Bremen entwickelt und inwieweit die Erkenntnisse bisher gesetzlich umgesetzt wurden. Eingehendere Beschreibungen dazu finden Sie in den letzten beiden Rundschreiben zu den Personaldialogen (RS Nr. 10 sowie RS Nr. 27).

Als „Take-Home-Message“ empfahl Thomas Kalwitzki den Trägern, bereits heute mit einer Analyse der Arbeitsabläufe in den Einrichtungen zu beginnen, um das Personal kompetenz- und bedarfsgerechter einzusetzen. Ein zweiter Schritt sollte eine individuelle Kompetenzanalyse der Mitarbeitenden als Grundlage für die Weiterentwicklung der Abläufe in der jeweiligen Einrichtung sein. Auf Basis dieses Wissens können die Einrichtungen die Weiterentwicklung, die Rekrutierung und den Einsatz von Mehrpersonal dann optimal steuern.

Im Fazit wirbt Thomas Kalwitzki für eine aktive Beteiligung der Einrichtungen bei der Umsetzung des Personalbemessungsverfahrens und führt aus, dass die Rekrutierung und der refinanzierte Einsatz von Mehrpersonal (noch) keine Verpflichtung, sondern eine Chance ist. Diese können die Einrichtungen nutzen, um attraktive Arbeitgeber zu werden und um mit einer stabilen, digital moderierten, kompetenz- und qualifikationsdifferenzierten Arbeitsstruktur zu werben. Das sind wesentliche Bedingungen, die ausgestiegene Pflegekräfte hinsichtlich ihres Wiedereinstiegs in den Pflegeberuf fordern.

Weiter weist Thomas Kalwitzki darauf hin, dass sich Einrichtungen bei Interesse noch als Modelleinrichtung hinsichtlich eines zukünftigen Modellprojekts zur Etablierung und Auswirkungen der Personalbemessung unter folgender Adresse melden können: pebem[at]uni-bremen.de. Es werden etwa zehn bis zwölf Einrichtungen ausgewählt, in welchen für die Projektdauer die Refinanzierung des Personals gesichert wird und in denen gleichzeitig Organisations- und Personalentwicklungen stattfinden werden. Danach soll analysiert werden, wie viel Personal tatsächlich in neuen, verbesserten Strukturen und Einrichtungen notwendig sein wird.

Im Anschluss an den Vortrag wurde gemeinsam mit den Teilnehmenden darüber diskutiert, was die Einrichtungen bereits heute aktiv für das Gelingen tun können und welchen Part dabei die Kostenträger spielen sollten.

Im Hinblick auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen einerseits und die Realität, die die Einrichtungen vorfinden andererseits, appelliert Katrin Kell an die Länder bereits jetzt mit den Kostenträgern in die Verhandlungen auf Basis der vorliegenden Personalbemessung zu treten und nicht auf Bewegungen auf Bundesebene zu warten. Die Länder sollten jetzt Druck auf die Kostenträger ausüben und die Umsetzungsgestaltungen ins Gespräch bringen. Die Einrichtungen und die Verantwortlichen sollten sich ebenfalls bereits jetzt, erst einmal gedanklich und dann konzeptionell, auf den Weg machen zu überlegen, wie eine mögliche Umsetzung erreicht werden kann.

Thomas Kalwitzki informiert, dass hinsichtlich der Personalbemessung im ambulanten Bereich eine weitere Studie in Planung ist. Allerdings kann ein gleichartiges Personalbemessungsinstrument wie in der stationären Langzeitpflege nicht erarbeitet werden, was mit den unterschiedlichen Voraussetzungen und methodischen Grenzen zusammenhängt.

Weiter wertet Thomas Kalwitzki die Ausschreibung des geplanten Modellprojekts und das darin vorgesehene Orientierungskonzept für die Einrichtungen als notwendige Richtung und Zeichen des Gesetzgebers, auch über das Jahr 2025 hinaus mit Reformen bzw. Reformanpassungen rechnen zu können.

Katrin Kell stellt hinsichtlich der politischen Haltung zur Pflege in Hamburg fest, dass seit langem mit einer hohen Inflexibilität seitens der Sozialhilfeträger und vor allem der Kassen in Bezug auf Reformbewegungen reagiert wird. Umso wichtiger ist es aus Sicht von Katrin Kell, dass der DEVAP die Pflege auf Bundesebene weiterhin so stark wie bisher in den Fokus rückt.

Anna Leonhardi hebt hervor, dass der DEVAP hier keine abwartende Haltung verfolgen wird. Die Rolle des DEVAP wird hier weiterhin sein, die politischen Entscheidungsträger nachdrücklich zu erinnern, dass die Inhalte des Koalitionsvertrags umgesetzt werden müssen.

Thomas Kalwitzki appelliert im Ergebnis an die Einrichtungen das anzugehen, was die Einrichtungen beeinflussen können, nämlich die Analyse und ggf. Neuaufstellung der eigenen Strukturen und Abläufe.

Ein weiterer Personaldialog mit Thomas Kalwitzki für die süddeutsche Region ist für Anfang Juli in Planung. Nähere Informationen folgen in Kürze.