Deutscher Evangelischer Verband
für Altenarbeit und Pflege e.V.

Bericht Politisches Fachgespräch „Ganzheitliche Digitalisierungsstrategien für die Pflege“ am 11. März 2022

Das Bündnisses Digitalisierung in der Pflege hatte am 11.03.2022 zum digitalen politischen Fachgespräch „Ganzheitliche Digitalisierungsstrategien für die Pflege“ eingeladen. Podiumsgäste waren Matthias Mieves (SPD), Kordula Schulz-Asche (Bündnis 90/Die Grünen), Maximilian Funke-Kaiser (FDP) und Erich Irlstorfer (CSU). Über 220 Teilnehmer sind dem Austausch gefolgt.

Die Ampelkoalition hat die strategischen Weichen der Bundespolitik für die kommenden vier Jahre gestellt – auch für die Digitalisierung der Pflege- und Gesundheitsbranche. Doch wohin geht die Reise und wie sieht die im Koalitionsvertrag angekündigte Digitalisierungsstrategie für die Pflege aus? Diese Fragen wurden beim ersten politischen Fachgespräch des Bündnisses Digitalisierung in der Pflege mit den Podiumsgästen erörtert.

Was bedeutet für sie persönlich die Digitalisierung in der Pflege und was enthält die Digitalisierungsstrategie im Koalitionsvertrag?

Matthias Mieves, digitalpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion: Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Entsprechend müssen die Erleichterungen für die Nutzer bei allen Überlegungen immer im Mittelpunkt stehen. Digitalisierung sollte auch bei einer besseren Vernetzung und in der Quartiergestaltung unterstützen, damit letztlich mehr Zeit für das Kümmern und Pflegen zur Verfügung steht. Der Design Thinking Ansatz muss auch hier integriert werden, indem die Nutzer von Anfang an in die Entwicklung von z.B. Software eingebunden werden. Die Pflegeexperten müssen direkt in den entsprechenden Gremien sitzen.

Kordula Schulz-Asche, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit, Bündnis 90/Die Grünen-Bundestagsfraktion: Die Ganzheitlichkeit des Pflegeberufs verschwindet zunehmend im Pflegealltag; hier kann die Digitalisierung durch digitale Dokumentation und digitale Schnittstellen zwischen den Gesundheitsberufen unterstützen. Die Kommunen vor Ort müssen für die Themen Prävention und Gesundheitsförderung ebenfalls in die digitalen Strategien eingebunden werden.

Maximilian Funke-Kaiser, digitalpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion: Es muss bei der Digitalisierung immer um die Verbesserung für die Menschen gehen. Leuchtturmprojekte müssen forciert werden, um schnell Erfolge zu sehen. Aber im Sinne der Interoperabilität muss die Struktur gesamtheitlich betrachtet werden, um die Digitalisierung flächendeckend und nachhaltig in die Pflege zu integrieren.

Erich Irlstorfer, pflegepolitischer Sprecher, CSU-Bundestagsfraktion: Die Pflege soll entlastet und durch die Digitalisierung effektiver gestaltet werden. Digitalisierung ist zudem der Schlüssel, um sektorengreifend Prozesse zu vereinfachen. Dies wird jedoch nur dann gelingen, wenn die Anwender einbezogen werden (Mitarbeiter, Pflegebedürftige, Angehörige). Es war auch ein Fehler der vorherigen Regierung, dass die Finanzierung für Digitalisierung nicht in die Regelvergütung integriert wurde. Dies muss zeitnah von der neuen Regierung nachgebessert werden.

Das Digitalisierungsbündnis spricht sich für den Ausbau eines digitalen Kompetenzzentrums aus, welches im Bundesgesundheitsministerium (BMG) angesiedelt werden soll. Welche begleitenden Strukturen sind von den Parteien angedacht?

Matthias Mieves (SPD): Die Struktur muss von einer Strategie abgeleitet werden; entsprechend muss erst die Strategie zur Digitalisierung in der Pflege definiert werde. Ein Kompetenzzentrum würde er befürworten. Wichtige Elemente wären zudem ein institutionalisiertes Best-Practice-Sharing, ein Finanzierungselemente für die Anschubfinanzierung von Projekten und die Vermittlung der digitalen Kompetenzen bereits während der Ausbildung.

Kordula Schulz-Asche (Bündnis 90/Die Grünen): Sie befürwortet ebenfalls ein Kompetenzzentrum, spricht sich aber auch dafür aus, erst die Strategie zu finden. Hierbei sollte sich an den Bedürfnissen der Nutzer orientiert werden. Auch in der Häuslichkeit sind digitale Anwendungen wichtig, um die ambulante, pflegerische Versorgung zu unterstützen.

Maximilian Funke-Kaiser (FDP): Die Bestrebungen der Ampel-Koalition, bei dem Thema Digitalisierung in der Pflege voranzukommen, sind da, aber aktuell sind die Themen Pandemie und der Krieg in der Ukraine im Fokus.  Klar ist, dass die Digitalisierung nicht kostenfrei ist: hierfür ist ein sinnvolles Fördersystem auf Bundesebene entscheiden. Die flächendeckende Internetversorgung ist der erste Schritt zur Förderung der digitalen Strategien der neuen Bundesregierung.

Erich Irlstorfer (CSU): Auch wenn aktuelle eine Pandemie ist, darf das Thema Pflege nicht unberücksichtigt bleiben. Der Gesundheitsminister sollte sich hier klar mit einer Strategie im Gesundheitsausschuss präsentieren. Bei institutionellen Strukturen für das Thema Digitalisierung in der Pflege muss berücksichtigt werden, dass es sich um ein lernendes System handelt, welches entsprechend flexibel bleiben muss.

 

Alle Podiumsgäste haben am Ende der Veranstaltung einer Folgeveranstaltung zugestimmt. Nähere Informationen folgen in Kürze.

Anlässlich der Regierungsbildung haben die Verbände des Bündnisses „Digitalisierung in der Pflege“ im Oktober 2021 vier Empfehlungen für den Koalitionsvertag formuliert. Diese finden Sie hier. Das Bündnis wird getragen von:

  • Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg e. V.)
  • Deutscher Evangelischer Verband für Altenarbeit und Pflege (DEVAP e. V.)
  • Deutscher Pflegerat (DPR e. V.)
  • Fachverband Informationstechnologie in Sozialwirtschaft und Sozialverwaltung
  • (FINSOZ e. V.)
  • Verband für Digitalisierung der Sozialwirtschaft (vediso e. V.)
  • Verband diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD e. V.)
  • Verband katholischer Altenhilfe in Deutschland (VKAD e. V.)